Bongiorno. Gestern Abend konnte ich von der Oberstadt einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten, als die Fähre, die Bonifacio mit Sardinien verbindet, in das Feld meines Fotoapparats eintrat. Klick-klick, ich verewige diesen Augenblick, dann sage ich mir: „Und was, wenn ich mir morgen einen kleinen Tag in Italien mache? “ Mamma mia, ich liebe die Sprache, die Küche und die dolce vita.

Nachdem ich am nächsten Tag frühmorgens Infos im Fremdenverkehrsbüro geholt habe, weiß ich, dass Sardinien nur eine Stunde mit dem Schiff entfernt liegt und es mehrere Überfahrten pro Tag in beide Richtungen gibt. Und da ich ohne Auto bin, muss ich auch nicht reservieren. Andiamo: Ich gehe sofort zum Handelshafen hinunter und weniger als 10  Minuten später stehe ich auf der Schiffsbrücke und bin bereit für die große Überfahrt.

Nun ja, „große Überfahrt“ ist etwas übertrieben: Sardinien liegt nur 12 Kilometer entfernt. Kaum Zeit, um ein paar unvergessliche Fotos der Klippen zu machen, den Horizont nach einem Delfin abzusuchen… Und weniger als eine Stunde später fährt die Fähre bereits in den kleinen Hafen Santa Teresa di Gallura ein.

Der Hafen ist wirklich ganz klein, und ich weiß wirklich nicht, in welche Richtung ich gehen soll: Die Straße nach links oder aber den Kai entlang? „Bongiorno Herr Zollbeamter, wie komme ich bitte in die Stadt? “ Er antwortet mir mit einem breiten Lächeln und … oh mein Gott, SOS: Er hat blaue Augen! Ein gut aussehender Italiener mit blauen Augen, das ist mein Glückstag. Er weist mich darauf hin, dass wir Donnerstag haben (giovedi, sagte er), er erzählt mir vom Markt (glaube ich), zeigt mir die Richtung (scheint mir), nach Norden, aber bei derart blauen Augen bin ich vollkommen daneben. Hypnotisiert wie ich bin, habe ich überhaupt nichts mitbekommen von dem, was er gesagt hat. Und ich bedanke mich und gehe, als ob ich alles verstanden hätte. Die Gasse nach rechts also (glaube ich zumindest).

 

 

In der Tat stoße ich ein paar Hundert Meter weiter auf einen Markt. Er ist recht groß, und es gibt dort von allem etwas. Kleidung, Eisenwaren, Kunsthandwerk, aber auch und vor allem Essbares. Genau das interessiert mich: Käse, Kekse, Honig, Oliven, Brot, Antipasti, Pökelfleisch, Pasta. Ich schaue, koste, diskutiere: Ich spreche fast kein Italienisch, aber des Reden mit den Händen funktioniert sehr gut. Ein paar Stücke hier, ein paar Stücke da, und ich habe die Arme voll. Also kaufe ich eine Tasche. So ein Strandteil, dann kann ich sie noch bis zum Ende meines Urlaubs auf Korsika nutzen.

Ich gehe in Richtung Stadt, die ganz leicht erhöht liegt. Kleine, ansteigende Gässchen, niedrige Häuser, süß und in allen Farben gestrichen. Ganz reizend. Das Gewicht meiner Tasche hingegen ist weniger reizend. Also dort rechts, eine kleine Trattoria, es ist 13 Uhr, der Markt hat mich hungrig gemacht, die Strandtasche schneidet mir in die Schulter, ein Stopp ist angesagt.

Ich werde leicht essen. Nur ein Gericht. Ja, aber ich bin in Italien: Die Speisekarte des Restaurants ist kilometerlang, ich habe die Qual der Wahl. Wenn ich richtig verstehe, sind die „antipasti“ die Horsd’œuvres, die „primo piatti“ Vorspeisen und Pasta, die „secondo piatti“ die Hauptgerichte mit Fleisch oder Fisch, die „contorni“ die Beilagen und die „dolci“ die Desserts. Uff.

Also, schon mal kein Dessert: Ich muss auf meine Linie achten. Und auch keine Pizza, denn die ist auch in Bonifacio sehr gut. Also, also… Ein einzigartiges, leichtes Gericht: Sardische Ravioli (Culurgiones) mit Seespinne, Tomatensoße und bestreut mit einem Hauch von Pecorino. Buonissimo! Darauf einen kleinen starken Kaffee (nein, nein, kein Dessert!), und ich setze meinen Ausflug fort.

 

Ich konnte meine Strandtasche im Restaurant lassen, der Herr ist wirklich reizend. Ich gehe daher leichten Schrittes die Stadt besichtigen, nur mit meinem umgehängten Fotoapparat. Diese Stadt ist klein, aber ihr Hauptplatz ist riesig. Fußgängerzone: Die Kinder spielen dort Fußball und fahren Skateboard, die Terrassen sind supernett, und man sagt mir, dass es in 500 m einen Strand gibt, der von den Jungen und Schönen besucht wird. Soll ich oder soll ich nicht?

Aber die Zeit vergeht schnell. Viel zu schnell. Ich beschließe wieder hinunter zu gehen, und mein Schiff zurück zu nehmen. Ich hole meine Tasche und denke wieder an meinen Zollbeamten. Ob er da sein wird? Egal: Ich gehe langsam hinunter und schwöre mir dabei Stein und Bein, dass ich für „Un‘altra giornata di dolce vita“ wiederkommen werde.