Meine Reisen drehen sich alle um ein bestimmtes Thema: Letztes Jahr war es Barcelona, die Stadt des Architekten Antoni Gaudí und des Modernisme. Dieses Jahr ist eine andere Berühmtheit an der Reihe: Mich erwarten kaiserliche Ferien, denn ich mache mich auf nach Korsika und folge den Spuren Napoleons.

An einem schönen, sonnigen Morgen komme ich also um 7 Uhr morgens in Ajaccio an und finde mich auf der Terrasse eines Cafés wieder, auf der ich in Ruhe durch meinen bekannten grünen Führer blättere. Natürlich betrachte ich als erstes den Stadtplan, die Straßen und Plätze…

Ich durchstreife die Rue Bonaparte, Cours Napoleon, Avenue du Premier Consul, Boulevard Madame Mère, Rue Letizia, Place d‘Austerlitz, Rue de Wagram, Rue de Iéna und zu guter Letzt die Rue de Solferino. Napoleon, seine Familie und seine Siege sind überall. Viele der Gebäude und Symbole sind ihm gewidmet: Man kann sein Geburtshaus besichtigen, in dem er am 15. August 1769 zur Welt kam, die Chapelle Impériale, Ruhestätte seiner Eltern und Geschwister und die 3 in der Stadt verteilten Denkmäler Napoleons. Insgesamt dauert meine Erkundung der verschiedenen kaiserlichen Orte 3 Stunden.

Da es mein erster Tag ist und ich mich heute Morgen ordentlich verausgabt habe, gönne ich mir eine schöne Platte mit Wurstwaren und korsischem Käse, reich an Aroma und Sinneseindrücken. Mir wird heiß und ich weiß nicht, ob es das Essen war oder die Sonne, die auf die Terrasse brennt. Ein bisschen Schatten wäre ideal.

Gerade habe ich meinen Kaffee ausgetrunken, als mir die hervorragende Idee kommt, an diesem Nachmittag den kühlen Palais Fesch zu besuchen. Das wichtigste Kunstmuseums Korsikas ist eine fantastische Erfahrung. Kardinal Fesch war der Onkel Napoleons I. und ein sehr gebildeter Kunstliebhaber und Sammler. Der Kardinal hinterlässt seiner Geburtsstadt fast 1 000 Gemälde, Möbel und Kunstobjekte. Das Museum ist für eine der schönsten Sammlungen von Werken des Napoleonkults bekannt. Diese Gruppierung von Gemälden und Skulpturen besteht hauptsächlich aus Portraits der kaiserlichen Familie, die vor allem Letizia Bonaparte gehörten, die sie wiederum ihrem Bruder, Kardinal Fesch, vermachte.

Nach diesem aufregenden Tag bin ich um 18 Uhr total platt! Eine kleine Auszeit und eine erfrischende Dusche und schon bin ich wieder auf den Beinen. Um beim Thema zu bleiben, wähle ich fürs Abendessen das Restaurant „Café Napoléon“, eine kulinarische Institution Ajaccios.

Beim Essen blättere ich in meinem Reiseführer und erfahre, dass Napoleon mehrere Wochen in Bonifacio weilte. Somit steht die nächste hochinteressante Etappe fest: Auf zur „Pittoresken Hauptstadt Korsikas“!

Der Löwenfels Roccapinas schlägt den Löwenhügel von Waterloo um Längen.

Jetzt bin ich auf den Serpentinen Richtung Bonifacio zwischen Berggipfeln und grünen Tälern unterwegs. Wunderschöne Landschaften ziehen an mir vorbei und geben Anlass zu mehreren Fotostopps: Die Aussicht vom Dorf Olmeto auf Propriano und dessen Strände mit türkisblauem Wasser zum Beispiel ist einfach fantastisch.

Ein paar Kilometer weiter zwischen Sartène und Bonifacio wacht ein Granitfels wie ein Löwe über den Horizont. Hier, sowie an anderen Stellen der Küste, haben Wind, Gischt und Regen den rosa Granit ausgehöhlt und geformt und manchmal außergewöhnliche Skulpturen erschaffen, die häufig an Tiere erinnern. Hier ruht ein perfektes Beispiel einer solchen Skulptur: Das sollte man unter keinen Umständen verpassen.

Der 30 Meter hohe Napoleonshut in Bonifacio.

Egal ob an Land oder auf dem Wasser, der Name Napoleon ist in der Stadt an der Südspitze Korsikas allgegenwärtig.

Wenn Sie die Felsenkreuzfahrt „Croisière des Falaises“ machen (ein Muss!), sehen Sie bei Verlassen des Hafens die riesige Grotte „Saint-Antoine“. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit dem Zweispitz des Kaisers, haben die Schiffer ihr den Spitznamen „Napolens Hut“ gegeben.

In der Ville Haute Bonifacios in der Nr. 7 der Rue Longue, erinnert uns ein Platz mit einer Gedenktafel daran (lesen Sie mehr darüber in unserem Artikel „Ist Napoleon aus Bonifacio?), dass sich Bonaparte als Oberstleutnant ab dem 22. Januar 1793 in Bonifacio aufgehalten hat. Er bereitete mehrere Wochen lang die Invasion des Nordens von Sardinien vor. Schon am 20. Februar sticht er in See, mit dem Ziel, auf dem La-Maddalena-Archipel an Land zu gehen. Aber am 25. Februar muss die Aktion trotz 600 auf der Insel San Stefano stationierter Männer und 9 Kanonen abgeblasen werden. Napoleon verlässt Bonifacio am 3. März 1793 und kehrt nie wieder zurück.

Im Gegensatz zu mir! Ich kehre auf jeden Fall sehr bald nach Bonifacio zurück. Und natürlich für mehr als einen Tag! Denn in dieser Stadt und ihrer Umgebung gibt es noch viel mehr zu entdecken und zu erleben als Napoleons Spuren.